Berlins Justizsenatorin warnt vor verfrühtem AfD-Verbot und betont juristische Hürden

Berlins Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) hat der Debatte um ein Verbot der AfD einen „Kurzschluss“ attestiert.

Zugleich warnte sie, es sei verfrüht, jetzt über ein Verbot der Partei zu diskutieren. „Bei der Debatte über ein AfD-Verbot wird sehr oft die juristische mit der politischen Seite vermischt. Das ist aus meiner Sicht ein problematischer Kurzschluss“, sagte Badenberg dem Tagesspiegel.

Zunächst müsse man sich „sachlich und nüchtern“ mit den juristischen Anforderungen auseinandersetzen, bevor man zu der Frage komme, ob es politisch angezeigt sei, eine Partei, die seit Jahren immer mehr an Zuspruch gewinnt, zu verbieten. „Diese Frage stellt sich aus meiner Sicht erst und nur dann, wenn die juristischen Voraussetzungen für ein Verbot vorliegen. Alles andere wäre unverantwortlich“, sagte Badenberg.

Badenberg war bis zu ihrem Amtsantritt als Justizsenatorin 2023 Vize-Präsidentin des Bundesamtes für Verfassungsschutz und wirkte mit an der Einstufung der AfD als rechtsextremistischer Verdachtsfall. Im Mai hatte das Amt die Partei hochgestuft – zu gesichert extremistisch. Wegen einer Klage vor dem Verwaltungsgericht Köln liegt das Verfahren aber nun auf Eis.

„Aktuell befinden wir uns in einem Stadium, in dem nicht einmal die Höherstufung zur gesichert rechtsextremistischen Bestrebung gerichtlich bestätigt ist“, sagte Badenberg. Beim Verfassungsschutz gebe es ein dreistufiges System: Prüffall, Verdachtsfall, gesicherter Extremismus. „Um ein Verbotsverfahren gegen eine Partei einzuleiten, muss darüber hinaus deren Verfassungsfeindlichkeit festgestellt werden. Aus juristischer Perspektive befinden wir uns momentan aufgrund der Stillhaltezusage des Verfassungsschutzes aber erst auf der zweiten Stufe“, sagte die Juristin. „Für ein Verbotsverfahren muss aber über den gesicherten Extremismus hinaus die Verfassungsfeindlichkeit der Partei gegeben sein. Daher ist es aktuell verfrüht, jetzt über die vierte Stufe zu diskutieren.“ Daher müsse zunächst die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln über die Höherstufung der AfD als gesichert rechtsextrem abgewartet werden.

Für eine Verfassungsfeindlichkeit müsse der AfD in Gänze nachgewiesen werden, dass sie bereit ist, die freiheitlich-demokratische Grundordnung massiv zu beeinträchtigen oder gar zu beseitigen. „Und dafür reichen einzelne relevante Äußerungen nicht aus“, sagte Badenberg. „Ausschlaggebend sind nach Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vor allem offizielle Stellungnahmen, etwa das Parteiprogramm oder Parteitagsbeschlüsse. Und wenn Sie sich diese anschauen, gibt es wenige Anhaltspunkte. Die AfD hat in den letzten Jahren dazugelernt.“

Badenberg ist jedoch nicht grundsätzlich gegen ein Verbot. „Ich will klar sagen: Wenn die rechtlichen Voraussetzungen vorliegen, muss über ein Verbot ernsthaft nachgedacht werden“, sagte sie. „Warum sollte man denn auf ein Instrument zum Schutz des Staates verzichten?“ Dabei müsse aber eine hohe Wahrscheinlichkeit auf Erfolg bestehen. „Denn scheitert ein Verbotsverfahren in Karlsruhe, bekäme die AfD vom höchsten Gericht, dem Bundesverfassungsgericht, quasi eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ausgestellt und könnte so ihre Opferrolle verstetigen.“ Das halte sie nicht nur für kontraproduktiv, sondern auch für gefährlich.

Foto: via dts Nachrichtenagentur

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