Götz Aly warnt vor „systembedrohenden Entwicklungen“ durch Reformstau

Der Historiker Götz Aly warnt die Regierung davor, den Reformbedarf in der Gesundheits-, Pflege und Altersvorsorge zu verschweigen. Sollte sie das dennoch tun, sei „mit systembedrohenden Entwicklungen zu rechnen“, sagte er dem „Spiegel“.

Aly legt am 27. August sein nach eigenen Angaben letztes großes Werk vor. Es trägt den Titel „Wie konnte das geschehen“, erscheint im S.-Fischer-Verlag und befasst sich mit den Ursachen des Nationalsozialismus. Das heutige Deutschland stehe nicht „kurz vor 1933“, sagte er, „allerdings erinnern uns heutige Entwicklungen daran, wie sehr sich die demokratische Mitte der Weimarer Republik seit 1929 selbst schwächte, weil ihre gewählten Vertreter nicht mehr die Kraft zu dringend notwendigen Entscheidungen fanden“.

Wichtig sei es auch, auf die junge Generation zu achten: „Wenn wir der jungen Generation – wie schon jetzt – unzumutbar viel aufbürden und ihre zentralen Sorgen wie Bildung, Wohnung und weit überhöhte Soziallasten für sie ungelöst bleiben lassen, wird das zu politischer Instabilität führen.“

Die Gefahren für die Demokratie würden „nicht allein durch die AfD verursacht“. Die Stimmung im Land sei nicht gut, die Menschen benutzten Wahlen, um „denen da oben“ Denkzettel zu verpassen. Er würde „jedenfalls mit den AfD-Wählern und auch -Mitgliedern so lange reden, wie es einigermaßen sinnvoll ist, und die Partei bis auf Weiteres nicht verbieten“.

Den wachsenden Antisemitismus angesichts des Krieges in Nahost hält Aly für einen „Übertragungsantisemitismus, mit dem ein Teil meiner Mitbürger die Last des von Deutschen begangenen Mords an sechs Millionen Juden abschütteln möchte“.

Foto: via dts Nachrichtenagentur

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