Deutsche Bahn streicht Kinderangebote – Familien leiden unter Reservierungsproblemen

Die Deutsche Bahn – derzeit vor einem personellen Umbruch und nach wie vor wegen Abschaffung der Familienreservierung in der Kritik – hat verschiedene Angebote für Kinder und deren Eltern bereits in den letzten Monaten und Jahren kontinuierlich ausgedünnt – weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit. Dazu kommen auch noch technische Probleme beim Reservierungssystem, die für Familien besonders ungünstig sind.

So gab es seit 2003 in Zusammenarbeit mit der Bahnhofsmission eine Begleitung für alleinreisende Kinder und 2018 wurde noch das 15-jährige Jubiläum gefeiert – mittlerweile ist der Service, „Kids on tour“ genannt, sang- und klanglos eingestellt. Einen medialen Aufschrei gab es nicht, schon vorher war der Service, der offensichtlich gerne von getrennt lebenden Eltern in Anspruch genommen wurde, nicht sehr bekannt. Aber: Innerhalb von 15 Jahren soll es immerhin rund 100.000 Buchungen gegeben haben, mit tendenziell steigender Nachfrage. Das Angebot werde derzeit „überarbeitet“, sagte Bahn-Sprecherin Susanne Schulz der dts Nachrichtenagentur. „Sobald wir eine Lösung erarbeitet haben, werden wir darüber informieren.“

Aber auch die allgemeine Kinderbetreuung in den Fernzügen wurde in den letzten Monaten drastisch reduziert. Derzeit sind nur noch sonntags „auf 24 ausgewählten Fernverkehrsverbindungen“ speziell geschulte Kinderbetreuer unterwegs, die Bastelangebote, Spielen, Schminken und Vorlesen anbieten. „Das Angebot wird regelmäßig angepasst“, sagt Schulz dazu auf Anfrage. Und zwar offensichtlich nach unten: Wann genau die Reduzierung erfolgte, will die Bahn nicht verraten, aber 2017 warb der Staatskonzern noch öffentlich mit 3.000 Zügen pro Jahr, also umgerechnet 57 pro Woche, auf denen Kinderbetreuer mitfahren, das waren mehr als doppelt so viele wie es derzeit noch sind.

Und abgesehen davon, dass Familien für die Reservierung seit Mitte Juni deutlich mehr bezahlen müssen, gibt es auch noch neuen Stress mit dem Buchungssystem: So ist es seit einiger Zeit technisch problemlos möglich, auch ohne Kind eine Reservierung im Familienabteil zu ergattern. Umgekehrt werden Eltern mit Kindern bei der automatischen Sitzplatzzuweisung mitunter in den „Ruhebereich“ geschickt – Ärger mit Mitreisenden ist dabei vorprogrammiert.

Die Bahn räumt ein, dass es diesbezüglich Probleme beim Reservierungssystem gibt: „Unser Ziel ist es, dass künftig auch diese automatische Sitzplatzzuweisung stärker an die individuellen Bedürfnisse der Reisenden angepasst ist“, sagte Schulz dazu der dts Nachrichtenagentur. Auch dass Plätze im Familienbereich durch Fahrgäste ohne mitreisende Kinder reserviert werden können, soll verhindert werden. „Hier arbeiten wir an weiteren Verbesserungen“, sagte die Bahn-Sprecherin.

Rechtlich gesehen ist die Sache aber klar: Die Kleinkindabteile seien Reisenden mit Kleinkindern vorbehalten und müssten bei Bedarf diesen zur Verfügung gestellt werden, offenbar auch wenn es eine Reservierung gibt. „Dies ist in den Beförderungsbedingungen, Abschnitt A6.1, nachzulesen, zudem findet sich ein entsprechender Hinweis auf den Tickets selbst“, sagte die Bahn-Sprecherin.

Sie betont zudem, dass die Bahn trotz allem „klar der Verkehrsanbieter mit den kinderfreundlichsten Mitnahmeregeln in Deutschland und Europa“ sei. So fahren Kinder und Jugendliche bis einschließlich 14 Jahren auch weiterhin im Fernverkehr der Deutschen Bahn in Begleitung eines Erwachsenen kostenlos. Neun Millionen Kinder sollen davon im letzten Jahr profitiert haben, nach Bahn-Angaben 50 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren.

Foto: via dts Nachrichtenagentur

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