
Die Grünen mahnen Union und SPD bei der Wahl neuer Verfassungsrichter zur Eile. „Nach dem ungeheuerlichen, einmaligen Vorgang um die Richterwahl befindet sich das höchste Gericht unseres Landes jetzt in einer Hängepartie“, sagte Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Mittwochausgaben).
Die Verantwortung dafür trügen allen voran Jens Spahn (CDU) und seine Unionsfraktion, die ihrem Vorsitzenden in dieser Frage die Gefolgschaft verweigerte, aber auch die Koalition insgesamt. „Nach wie vor warten zwei vom Richterwahlausschuss gewählte Personen darauf, in das Bundesverfassungsgericht gewählt zu werden“, sagte Haßelmann. „Es ist auch eine Frage von Respekt und Höflichkeit, diese Wahl zügig abzuschließen.“
Grüne und Linke kritisierten, dass die Koalitionsfraktionen mit ihnen bisher nicht das Gespräch über einen neuen Anlauf für die Wahl zum Bundesverfassungsgericht gesucht haben. „Eine erfolgreiche Richterwahl erfordert in dieser Wahlperiode Stimmen aus der demokratischen Opposition“, sagte Haßelmann. „Aber bisher hat niemand mit uns Gespräche über eine vorgeschlagene Person geführt.“
Es sei zudem ein merkwürdiger Stil, wie der SPD-Fraktionsvorsitzende Matthias Miersch verkünde, es gäbe eine Personalie, aber keinen Namen nennt. „Das zeigt aber auch, wie tief das Misstrauen zwischen den Koalitionspartnern sitzt“, sagte Haßelmann weiter. „Wir erwarten zeitnahe Gespräche mit den demokratischen Fraktionen des Bundestags und eine Absicherung demokratischer Mehrheiten für die Richterwahl.“
Clara Bünger, stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, sagte den Funke-Zeitungen, sie halte nichts von dem „Rumgezeter“ der Union gegenüber der Linken. „Da ist Merz weiter als sein Fraktionschef Jens Spahn. Die Union muss endlich Verantwortung übernehmen, mit uns sprechen und stabile Mehrheiten für das Bundesverfassungsgericht ausloten, statt weiter rechte Kampagnen zu bedienen.“
Die 16 Richter am Bundesverfassungsgericht werden je zur Hälfte von Bundestag und Bundesrat gewählt. Weil dort jeweils eine Zweidrittelmehrheit bei der Wahl nötig ist, vereinbarten die für eine solche Mehrheit nötigen Parteien in der Vergangenheit untereinander informell einen Verteilungsschlüssel, der sich an ihrer Größe orientierte. Da Union, SPD, Grüne und bislang FDP nach der Bundestagswahl gemeinsam auf keine Zweidrittelmehrheit mehr kommen, benötigen sie bei der Wahl von Verfassungsrichtern im Bundestag außerdem die Stimmen der Linken – oder der AfD.
Foto: via dts Nachrichtenagentur