Dobrindt erweitert Zielgruppe für Abschiebungen nach Syrien

Die deutsche Bundesregierung treibt Abschiebungen nach Syrien offenbar zunehmend entschlossen voran. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) will künftig nicht nur Gefährder und Straftäter rückführen lassen, sondern die Personengruppe deutlich erweitern, berichtet die „Welt am Sonntag“.

Bis Ende September galt noch ein Aufschub bei Entscheidungen über Asylanträge von Syrern: „Seither entscheidet das Bundesamt auch wieder Verfahren aus der Gruppe der jungen, arbeitsfähigen, alleinreisenden Männer“, sagte ein Sprecher des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) der Zeitung. Besonders im Fokus stehen dabei Menschen sunnitischen Glaubens – für Angehörige ethnischer und religiöser Minderheiten dagegen gelten Ausnahmen. „Zudem werden Widerrufsverfahren bei nachgewiesenen Heimreisen von Schutzberechtigten wieder bearbeitet, ebenfalls beginnend mit jungen Männern“, sagte ein Bamf-Sprecher.

Asylrechtsexperte Daniel Thyhm hält die Prioritätensetzung des Bundesinnenministeriums für „nachvollziehbar“. „Die verfügbaren Informationen über die Lage vor Ort sowie die ersten Gerichtsurteile unterstützen in der Tat die Annahme, dass – immer abhängig von einer Einzelfallprüfung – bei alleinreisenden Männern sunnitischen Glaubens die Chancen für eine Ablehnung besonders hoch sind.“

„Der Bürgerkrieg und das Regime von Assad sind beendet – für sunnitische Araber sehe ich damit keinen Grund mehr, der gegen eine Rückkehr nach Syrien spricht“, sagte der innenpolitische Sprecher der Union, Alexander Throm. „Derzeit gibt die Lage in Syrien es her, dass Asylanträge auch inhaltlich geprüft werden“, sagte die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Sonja Eichwede. „Entscheidungen über Familienasyl werden hingegen unabhängig der Lage vor Ort derzeit nicht getroffen.“

Ganz anders schätzen Grünen und Linke im Bundestag die Situation ein. „Syrien ist weder sicher noch stabil. Die Lage vor Ort bleibt prekär“, sagte die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Filiz Polat. „Die Infrastruktur ist in weiten Teilen zerstört, es gibt kaum medizinische Versorgung und es mangelt an sauberem Trinkwasser“, so die Innenexpertin der Linken, Clara Bünger. „Abschiebungen in solche Verhältnisse sind mit Menschenrechten nicht in Einklang zu bringen.“ Der innenpolitische Sprecher der AfD-Fraktion Gottfried Curio dagegen findet: „Asyl ist Schutz auf Zeit, die Betroffenen sind zurückzuführen.“

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU), Sprecher der unionsgeführten Innenministerien, „begrüßt“ den Vorstoß seines Parteifreundes Dobrindt. „Wir müssen weiter humanitäre Hilfe leisten und wir wollen auch niemanden abschieben, der bei uns gut integriert ist“, sagte Herrmann. „Aber wir müssen Straftäter außer Landes bringen können und dem Neuzugang an Flüchtlingen Grenzen setzen. Dazu gehört auch, junge, arbeitsfähige Syrer, die sich hier nicht integriert haben, nach Syrien zurückzuschicken.“

Foto: via dts Nachrichtenagentur

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